Die Chronik der Janitscharen-Kapelle Altenau - gegr. 1847  Startseite

1928 - Karl Fieke berichtet über das Fest des 80jährigen Bestehens.

Übersicht
nächste Seite
vorige Seite
80jähriges Jubiläum der Janitscharen-Kapelle in Altenau am 2. und 3. Juni 1928

Wiedergabe eines Artikels von Karl Fieke - abgedruckt in der Zeitschrift „Der Harzfreund“ vom 01.06.1928. Dort heißt es:

Schon im Oktober 1927 hätte die Janitscharen-Kapelle in Altenau das Jubiläum ihres 80jährigen Bestehens feiern können, da sie im Jahre 1847 gegründet wurde und damit eines der ältesten Arbeiter-Hornistenchöre des Oberharzes ist. Der ungünstigen Jahreszeit wegen verlegte man aber die Feier in den Sommer 1928. In Altenau folgten die Janitscharen als zweite Musikkapelle dem bereits im Jahre 1837 gegründeten Silberhütten Hornistenkorps.

Die Janitscharen-Kapelle war von Anfang an eine ausgesprochene Waldarbeiterkapelle, während noch später auch von den Bergleuten eine Musikkapelle gegründet wurde, die sich das Trompeterkorps nannte.

Die Gründer der Janitscharen-Kapelle waren die Waldarbeiter

  • Karl Bruns, Fritz Kleinewig, August Ritter, August Riesen I, Christian Trenkner, Wilhelm Denkler, August Riesen II, Karl Ehrenberg, Wilhelm Ehrenberg, August Schulz, Christian Kleinewig, Hermann Kleinewig und Seifert (Vorname unbekannt).

Von den Gründern ist natürlich keiner mehr am Leben, doch sind noch eine Anzahl ältere zu Ehrenmitgliedern ernannte ehemalige Aktive vorhanden, nämlich: Wilhelm Kleinewig, Wilhelm Ehrenberg, August Bruns, Louis Bruns, Louis Riese. Das älteste, seit 1882 und jetzt noch mitwirkende Mitglied ist Hermann Kleinewig.

Durch den Weltkrieg verlor die Janitscharen-Kapelle fünf seiner Mitglieder, von denen drei, nämlich Karl Bruns, Willi Schulz und Louis Hirschhausen im Felde blieben und zwei, Wilhelm Ehrenberg und Hermann Riese, nachträglich als Kriegsverletzte in der Heimat verstarben.

Die Dirigenten waren ihrer Reihenfolge nach von der Gründung ab bis jetzt:

  • Habich (aus Clausthal),
  • Heine (aus Lerbach),
  • Seldrecht (aus Clausthal),
  • Mengler (aus Altenau), 
  • Ernst Brüning (aus Altenau),
  • Richard Küster (aus Altenau)
  • und Berthold Kleinewig aus Altenau; der letzte dirigiert die Kapelle seit 1919.

Besonders unter der Leitung des Herrn Ernst Brüning (des Vaters des Herrn Kanzleiassistenten und Dirigenten des Berghornistenkorps "Glückauf" Clausthal) nahm die Kapelle einen hohen Aufschwung, bei dem sie sich auch bei den nachfolgenden Dirigenten und bis auf den heutigen Tag behauptete.

Man hat sich bis in die letzte Zeit den Kopf darüber zerbrochen, warum wohl die Altenauer Waldarbeiterkapelle den Namen "Janitscharen" führen möge. Die Erklärung dafür ist bald gegeben. "Janitscharen" ist eine aus dem Türkischen stammende Bezeichnung, die zwei verschiedene Bedeutungen hat. Die eine derselben können wir hier unberührt lassen; die andere bezeichnet eine Musikkapelle, die nicht nur mit Blasinstrumenten, sondern auch mit Schlagzeug besetzt ist. Auch alle Voll-Militärkapellen sind "Janitscharen". Weil nun bei der Gründung der Altenauer Waldarbeiterkapelle schon das Hüttenhornisten-Korps bestand, dieses aber nur Blasinstrumente hatte, während die Waldarbeiterkapelle auch Schlagzeug führte, so nannte man die letztere zur Unterscheidung die "Janitscharen". Man könnte wohl, und auch mit Recht einwenden, dass man ja die drei Kapellen in Altenau einfach nach ihrer Berufsart hätte entscheiden und sie nennen können: Hüttenhornistenkorps, Waldarbeiterhornistenkorps, Berghornistenkorps. 

Diese Unterscheidungsart war aber jedenfalls den lieben Altenauern zu langatmig und sie nannten deshalb einfach die Korps so:

            „Die Hornisten“         (Hüttenleute),
           
„Die Janitscharen“    (Waldarbeiter),
           
„Die Trompeter“        (Bergleute).

Allerdings hat sich die Bergarbeiterkapelle nachträglich auch ein Schlagzeug zugelegt, und wenn man es sehr genau nehmen wollte, so wäre auch sie jetzt eine „Janitscharenkapelle“. Doch dürfte sie gern bei ihrer alten Bezeichnung "Trompeter" verbleiben.

Acht Jahrzehnte lang hat nun die Janitscharen-Kapelle in Altenau, gleich den anderen Musikvereinen, nicht aus dem Streben nach materiellem Gewinn, sondern "nach freien Rates freudigem Entschluss",  wie unser unvergessener Oberharzer Dialektdichter weil. P G. Schulz sagt, um des Edlen, das in der Musik liegt, selbst willen, dieser Kunst und damit ihren Mitbürgern in Freud und Leid gedient; sie hat bei Gottesdiensten in der Kirche Gott den Allerhöchsten loben helfen; sie hat mit Fanfarenmärschen die jungen Paare auf dem Weg zum Traualtar begleitet, und sie hat in wehmütigen Weisen an den Gräbern der Freunde geweint und ihnen den letzten Abschiedsgruß in die Gruft nachgerufen. Nimmt man noch hinzu, dass die Janitscharen-Kapelle die erste war, die in den 1870er Jahren die ersten in Altenau wohnungnehmenden Kurgäste durch ihre Weisen auf würdige Art begrüßte, so kann die Kapelle, rückschauend auf die Vergangenheit, mit stolzer Genugtuung von sich sagen, dass es ein umfassendes Gebiet ist, auf dem sie sich in selbstloser Weise betätigt hat.

Nun ist die Janitscharen-Kapelle, die ihre Entstehung  ebenso wie die anderen geselligen Musikvereine in Altenau, der bekannten Musik- und Sangesfreudigkeit in dieser Bergstadt verdankt, die älteste Musikkapelle dort, nachdem das Hüttenmusikkorps, das am 17. November 1912 noch sein 75jähriges Jubiläum beging – als natürliche Folge der Einstellung der Silberhütte – sich längst aufgelöst hat.

Auch dem Berghornistenkorps, den „Trompetern“ – möge dies, wie wir von Herzen wünschen wollen, auch noch in weite Ferne gerückt sein – steht zu gegebener Zeit dasselbe Schicksal bevor, wie dem Hüttenmusikkorps; denn – wir sagen in diesem Falle leider! – tragen ja die ewig unwandelbaren Naturgesetze des Harzes Wunsch, den er in seinem Segensspruch ausdrückt „Es wachse das Erz!“ keine Rechnung und es muss und wird die Zeit kommen, die auch den Eisenhütten- und Silberhüttenleuten gekommen ist. Der Janitscharen-Kapelle aber droht aus solchen Grunde nicht das gleiche Schicksal; denn sie hat es zum Troste, dass der andere Wunsch unseres Harzer Segensspruches „Es grüne die Tanne!“ über ihrer Zukunft leuchtet, und solange die Tanne im Harze grünt, wird es auch Waldarbeiter in Altenau geben, die das von den Vätern übernommene ideale Erbe weiterhegen und –pflegen werden. Das dem so sein möge, dazu der Janitscharen-Kapelle ein herzliches Glückauf!“

 
Übersichtnächste Seitevorige Seite