Musikkorps der Hüttenwerke Harz

1872 - 2007

Aus der Chronik

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Werfen Sie hier einen ausführlichen Blick in unsere Vereinsgeschichte:

 Chronik

Genau genommen hat das heutige Musikkorps der Hüttenwerke Harz seine Wurzeln in zwei Korps, dem Hüttenmusikkorps Oker nämlich und dem Musikkorps der Zinkhütte Harlingerode, die sich, genau 100 Jahre nach ihrer Gründung, 1972 zum Musikkorps der Hüttenwerke Harz zusammen geschlossen haben. Von dem in den letzten Jahrzehnten ganz allmählich zu Ende gehenden Hüttenbetrieb in Oker und Harlingerode hat das Musikkorps nur noch seinen Namen. Die Preussag - mittlerweile zum Touristikkonzern mutiert - und auch deren montane Nachfolgefirmen haben sich vollständig aus der Tradition eines eigenen Arbeitermusikkorps zurückgezogen. Leider. Eine Ausnahme gibt es dennoch und dafür ist man sehr dankbar: Die Kapelle hat in der Kantine der Okerschen Hütte ihren Übungsraum und auch ein Lager für Inventargegenstände, Noten und Instrumente des Vereins.

Doch der Reihe nach, wir geben hier die Chronik des Hüttenmusikkorps Oker wieder, so wie sie in der Festschrift zum 100jährigen Bestehen 1972 abgedruckt ist:


Ein Jahrhundert musikalische Tradition
Zwei Hüttenmusikkorps feiern ihr hundertjähriges Bestehen

Die Zeit nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 scheint auch für andere Gründungen günstig gewesen zu sein, jedenfalls führen beide Musikgemeinschaften des Hüttenwerks Harz, das Musikkorps der Hüttenwerke Oker und das Musikkorps der Zinkhütte Harlingerode, ihre Entstehung auf das Jahr 1872 zurück. Nach Schucht's Okerscher Chronik soll allerdings bereits im Jahre 1837 die erste Hüttenkapelle gegründet worden sein. Näheres ist darüber aber nicht bekannt geworden.

In Oker waren es 14 Hüttenleute der "Communion‑Hütte Oker", der Nachfolgerin der "Frau Mariensaigerhütte", die sich zusammenfanden und das Musikkorps gründeten. Unter ihnen befanden sich Männer mit auch jetzt noch bekannten Namen wie Nothnagel, Schütte, Rosenkranz, Schellbach, Fricke und Knackstedt. Die Zahl der aktiven Mitglieder stieg bald auf 26.

Die Geburtsstätte des Musikkorps der Zinkhütte Harlingerode war die "Herzog-Julius-Hütte". Dort waren es 12 Hüttenleute, und zwar die Gebrüder Mittendorf, Immenroth, Katzmann, Fricke, Bothe, Pape, Flottau, Schwiegershausen, Röttger, Busch und Drohne, die außerhalb ihrer dienstlichen Obliegenheiten und Pflichten am 20.08.1872 eine Orchester-Gemeinschaft ins Leben riefen. Die Zahl der aktiven Mitglieder stieg auch hier bald auf 18 an.

Beide Musikkorps wurden zunächst nur von den Mitgliedern getragen. In Oker wurde für die Erstanschaffung der Instrumente ein Darlehen von 200 Talern aufgenommen, für das ein Werksbeamter die Bürgschaft übernahm.

Mit Zustimmung der jeweiligen Werksleitungen wurden von den Korpsmitgliedern Oberschichten - besonders beim so genannten Erzwenden - verfahren, deren Erlös zur Deckung der Ausgaben zur Verfügung gestellt wurde. In Oker war das aufgenommene Darlehen nach kaum einem Jahr abgetragen, aus der Herzog-Julius-Hütte wird berichtet, dass jährlich rd. 50 Taler aus Überschichten zusammengekommen sind.

Unterstützungen der Musikgemeinschaften aus den Knappschafts- und Hüttenamtskassen sind erst später hinzugekommen. Für das Musikkorps der Herzog-Julius-Hütte sind im Jahre 1878 erstmals je 30,00 Mark aus der Knappschaftskasse und der Hüttenamtskasse gezahlt worden, von 1881 an wurden von beiden Kassen zusammen jährlich 100,00 Mark gezahlt. Diese Beträge müssen im Verhältnis zu den damaligen Preisen gesehen werden. Wenn nachzulesen ist, dass im Jahre 1877 für eine Trompete 27,00 Mark, im Jahre 1879 für eine weitere Trompete 47,00 Mark und im Jahre 1883 für 3 Posaunen einschließlich Porto 64,60 Mark bezahlt worden sind, dann erst kann der Wert der Eigenleistungen und der Zuschüsse richtig bemessen werden.

Aber nicht nur die Preise für die zur Ausübung der musikalischen Tätigkeit notwendigen Dinge waren im Vergleich zu heute niedrig, auch die Kosten für die zur Gestaltung einer Feier erforderlichen Kleinigkeiten nehmen sich für heutige Verhältnisse bescheiden aus. Für ein Fass Bier mussten vor 90 Jahren 3,00 Mark ausgegeben werden. Und auch damals wurde schon nach dem Motto gehandelt "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen". So wurden die Stiftungsfeste zum zehnjährigen (1882) und zum fünfundzwanzigjährigen (1897) Bestehen zünftig begangen. Die 50. und 75. Geburtsage fielen allerdings in Zeiten (1922 und 1947), in denen das Feiern wegen der allgemeinen Lebensverhältnisse infolge der Auswirkungen zweier Weltkriege recht schwer fiel bzw. ganz unterblieb.

Erwähnenswert - auch gerade, weil heute daran im Allgemeinen und im Besonderen einiges ausgesetzt werden kann - ist, dass die von den Gemeinschaften selbst aufgestellten Statuten sehr ernst genommen worden sind. Ihre Einhaltung wurde streng überwacht. So mussten Mitglieder, die die angesetzten Musikproben versäumten, nach der Überlieferung 20 bis 25 Pfennig Buße zahlen. Diese Mehreinnahmen dienten zur Aufbesserung der für die Anschaffung besonders von Noten zur Verfügung stehenden Gelder.

Für beide Musikkorps gilt, dass sie Musik nicht nur als Selbstzweck betrieben. Sie unterhielten die Belegschaft der Hütten bei Kameradschaftsabenden und Hüttenfesten mit fröhlich-beschwingten Weisen, mit Märschen, Volksliedern und Tänzen.

Darauf blieb die musikalische Tätigkeit aber nicht beschränkt. Die Vereine in den Heimatgemeinden machten sich die Dienste der Hüttenmusikkorps bei ihren Festlichkeiten (Stiftungsfeste, Schützenfeste etc.) zunutze. Selbstverständlich wurden auch Jubiläen von Belegschaftsmitgliedern musikalisch umrahmt, wie auch bei Beerdigungen von Belegschaftsmitgliedern und Pensionären ein letzter musikalischer Gruß entboten wurde. Die sich häufenden Gelegenheiten zu musikalischer Tätigkeit machten die Hüttenkapelle im weiteren Umkreis bekannt, so dass schließlich auch Einladungen zu Konzerten in Kurorten des Harzes ergingen.

In neuerer Zeit - mit der Verbesserung der Verkehrsbedingungen veranstalteten beide Musikgemeinschaften Reisen für die Mitglieder und deren Ehefrauen. Teilweise finanziert wurden diese Reisen, die sich über mehrere Tage bis zu einer Woche Dauer erstreckten, durch die Einnahmen aus während der Reise veranstalteten Konzerten in Bädern, wie z. B. in Büsum, Dahme, Grömitz, Cuxhaven oder auf Helgoland. Neben der Erweiterung der Kenntnisse über deutsche Landschaften und Städte sollten diese Reisen auch der Kameradschaft untereinander dienen und besonders den Ehepartnern Gelegenheit geben, einander besser kennen­ und verstehen zu lernen. Am Ende des erreichten 100jährigen Alters steht also der gleiche Gedanke, der seinerzeit zur Gründung der Musikgemeinschaften geführt hat: Neben der Pflege der Blasmusik einen Beitrag zu leisten zur Verbesserung der menschlichen Beziehungen, angefangen von der Gemeinschaft des Musikkorps über die Werksgemeinschaft bis hin zur Gemeinschaft in den Heimatgemeinden.

Die Entwicklung beider Hüttenkapellen weist also viel Gemeinsames auf. Doch sollen die wichtigen chronologischen Daten und Gegebenheiten für jedes Musikkorps getrennt aufgezeigt werden:

Musikkorps der Hüttenwerke Oker

Als ein glücklicher Umstand für die Entwicklung des Korps hat sich gewiss die Tatsache ausgewirkt, dass sowohl die Dirigenten wie auch die Vorsitzenden in den 100 Jahren des Bestehens nur selten ge­wechselt haben. Der erste musikalische Leiter nach Gründung 1872 bis zum Jahre 1875 war Musikdirektor Rothe aus Goslar. Ihm folgten:

  • 1875 - 1907 (32 Jahre) Kapellmeister Huch, Goslar

  • 1908 - 1922 (14 Jahre) Kapellmeister Geyer, Bad Harzburg

  • 1922 - 1960 (38 Jahre) Kapellmeister Alwin Max, Oker

  • ab 1960 Kapellmeister Franz Hanl, Oker.

Diese Kapellmeister haben ihre Kraft völlig unentgeltlich in den Dienst des Musikkorps gestellt. Folgende Vorsitzende haben das Korps während der 100 Jahre geleitet: 

  • 1872 - 1895 (23 Jahre) Nothnagel

  • 1896 - 1924 (28 Jahre) Vesterling

  • 1925 - 1935 (10 Jahre) Karl Warnecke

  • 1935 - 1936 (1 Jahr) Ferdinand Bielstein (verunglückt)

  • 1938 - 1958 (20 Jahre) Hermann Horenburg

  • 1958 - 1959 (1 Jahr) Otto Heller

  • 1960 - 1961 (1 Jahr) Franz HanI

  • 1961 - 1966 (5 Jahre) Hermann Reinecke

  • ab 1967 Günther Gattermann

Aus der Entwicklungszeit ist außerdem noch folgendes zu berichten:

Musikdirektor Geyer gilt als derjenige Dirigent, der ab 1908 in kurzer Zeit das Korps auf seine später beachtliche Höhe gebracht hat. Während vorher nur Blechinstrumente benutzt wurden, sind zu seiner Zeit auch Holzinstrumente eingeführt worden.

Im Laufe des 1. Weltkrieges, 1914 - 1918, wurde das Korps auseinander gerissen und aktionsunfähig, weil der Dirigent und ein großer Teil der Mitglieder den Soldatenrock anziehen mussten. Drei Mitglieder haben in diesem Krieg ihr Leben geben müssen. Nach 1918 fand sich das Korps aber bald wieder zusammen und nahm seine Tätigkeit wieder auf.

Der 2. Weltkrieg, 1939 - 1945, hat die Arbeit des Korps nie zum Erliegen gebracht, wenn auch hin und wieder ein Musiker dazu geliehen werden musste. Während dieser Zeit war es ein wesentliches Verdienst des damaligen Vorsitzenden Hermann Horenburg und des Kapellmeisters Alwin Max, dass das Korps immer einsatzbereit war. Aus diesem Krieg sind 8 Kameraden nicht zurückgekehrt.

Im Jahre 1962 wurde unter starker Beteiligung benachbarter Kapellen und Vereine das 90jährige Jubiläum mit einem großen Programm begangen. Aus diesem Anlass wurde eine Festschrift herausgegeben.

Heute umfasst das Korps 25 aktive und 42 passive Mitglieder. Einige Nachwuchskräfte sind in Ausbildung.

Anlässlich des Jubiläums sollen vor allem die Mitglieder erwähnt werden, die sich jahrzehntelang immer wieder für das Gedeihen des Korps eingesetzt haben:

  • Otto Bielstein, 64 Jahre

  • Eduard Bielstein, 61 Jahre

  • Heinrich Becker, 59 Jahre

  • August Hillbrecht, 52 Jahre

  • Ernst Beckmann, 49 Jahre

  • Wilhelm Eggers, 47 Jahre

  • Arnold Hoffmeister, 37 Jahre

Ihnen sei an dieser Stelle für ihre langjährige treue Mitarbeit herzlich gedankt.

Musikkorps der Zinkhütte Harlingerode

Was für das Musikkorps des Hüttenwerks Oker gesagt wurde, gilt in ähnlicher Weise auch für das Musikkorps der Zinkhütte Harlingerode. Das Korps hatte in den 100 Jahren seines Bestehens folgende Dirigenten:

  • 1872 - 1880 (8 Jahre) Alwin Rothe

  • 1880 - 1916 (36 Jahre) Julius Rothe

  • 1919 - 1925 (6 Jahre) Robert Theuerkauf

  • 1925 - 1935 (10 Jahre) Karl Meier

  • 1935 - 1943 (8 Jahre) Kurt Fietz

  • 1947 - 1950 (3 Jahre) Adolf Remus

  • 1950 - 1954 (4 Jahre) Robert Brüning

  • 1954 - 1972 (18 Jahre) Kurt Blum.

Vorsitzende des Musikkorps waren:

  • 1872 - 1889 (17 Jahre) Wilhelm Diedrich

  • 1889 - 1890 (1 Jahr) August Diekmann

  • 1890 - 1891 (1 Jahr) Wilhelm Diedrich

  • 1891 - 1897 (6 Jahre) August Diekmann

  • 1897 - 1925 (28 Jahre) August Theuerkauf

  • 1925 - 1929 (4 Jahre) August Mittendorf

  • 1929 - 1931 (2 Jahre) Richard Theuerkauf

  • 1931 - 1933 (2 Jahre) August Mittendorf

  • 1933 - 1942 (9 Jahre) Ernst Meersmann

  • 1942 - 1948 Einstellung der musikalischen Tätigkeit (2. Weltkrieg)

  • 1948 - 1951 (3 Jahre) Wilhelm Grüne

  • 1951 - 1970 (19 Jahre) Friedrich Theuerkauf

  • 1970 - 1971 (1 Jahr) Karl Denecke

  • 1971 - 1972 (1 Jahr) Erich Sartorius

  • ab 1972 Walter Böttcher.

Aus den vergangenen 100 Jahren ist noch folgendes erwähnenswert:

Der Mangel an aktiven Mitgliedern führte 1916 zur Einstellung der musikalischen Tätigkeit. Die im Felde stehenden aktiven Musiker erhielten von der Gemeinschaft regelmäßig Liebesgabenpakete zugesandt. Ein Mitglied wurde Opfer des 1. Weltkrieges.

Während der Inflationsjahre kämpfte das Musikkorps schwer um seine Existenz. Das Jahr 1924 wurde mit einem Kassenstand von 0 Mark begonnen. Außerdem legten im Jahre 1925 die älteren Kameraden wegen Erreichens der Altersgrenze teilweise ihre Instrumente nieder, so dass das Orchester auf 5 Mann zusammenschmolz. Nur der Tatkraft des damaligen 1. Vorsitzenden und späteren Ehrenmitgliedes August Mittendorf ist es zu danken, dass das Korps wieder aufgefüllt werden konnte und unter der musikalischen Leitung von Karl Meier wieder einen respektablen Leistungsstand erreichte.

Einen besonderen Einschnitt in die Geschichte des Korps bedeutete die am 1.11.1936 vollzogene Verlegung der Arbeitsplätze von der Herzog-Julius-Hütte zur neu errichteten Zinkhütte in Harlingerode. Sämtliche Mitglieder des Orchesters wurden von der Zinkhütte übernommen.

Der 2. Weltkrieg führte schließlich (ab 1943) wiederum zur Einstellung der musikalischen Tätigkeit. Die im Luftschutzkeller eingelagerten Instrumente und Noten wurden zu Kriegsende von Kriegsgefangenen und Zivilinternierten mutwillig zerstört. Drei Mitglieder kehrten nicht zurück. Der neue Anfang war daher sehr schwer. Doch 1947 begann mit neun Mann und Adolf Remus als Dirigenten der Wiederaufbau.

Unter Beteiligung verschiedener Nachbarkapellen wurde am 3.1.1957 im Gemeinschaftssaal der Zinkhütte das 85jährige Bestehen in einem angemessenen Rahmen gefeiert.

Besonderer Dank gilt anlässlich des Jubiläums denjenigen Mitgliedern, die jahrzehntelang dem Korps die Treue gehalten und damit einen wesentlichen Beitrag zu seinem Fortbestand geleistet haben:

  • Richard Theuerkauf, 52 Jahre

  • Eduard Denecke, 50 Jahre

  • Willi Grüne, 44 Jahre

  • Hermann Grüne, 39 Jahre

  • Friedrich Theuerkauf, 39 Jahre

  • Hermann Heisecke, 39 Jahre

  • Fritz Rodemund, 39 Jahre

  • Berthold Bock, 39 Jahre

  • Willi Brandes, 39 Jahre

  • Richard Buchterkirchen, 37 Jahre

  • Karl Denecke, 25 Jahre

Heute zählt das Korps 23 aktive und 27 passive Mitglieder.

Der Blick in die Vergangenheit, auf ehrwürdige Tradition, fordert geradezu, auch der Gegenwart und der Zukunft einige Aufmerksamkeit zu schenken. In einer durch die rapide Entwicklung der Massenmedien immer mehr Abwechslung und Zerstreuung bietenden Zeit haben Gemeinschaften, die sich unentgeltlich und freiwillig der Pflege von Blasmusik und der Vertiefung menschlicher Beziehungen widmen, äußerst schwer um ihren Bestand zu ringen.

Möge aber gerade der Blick in die Vergangenheit neue Kräfte mobilisieren, die die Aufrechterhaltung der Tradition auch für die Zukunft gewährleisten.


Soweit die Wiedergabe der Vereinschronik aus der Festschrift von 1972. In den letzten Jahren erging es den Musikern aus Oker nicht anders, als fast allen anderen Harzer Kapellen auch: Der Nachwuchs blieb aus, das Interesse, ein Blasinstrument zu erlernen schwindet bei der Jugend mehr und mehr - andere Freizeitaktivitäten sind heute weitaus stärker gefragt. Musikalische Freunde fand das Musikkorps Ende der 1990er Jahre bei den Janitscharen in Altenau. Warum also nicht eine Fusion mit der Janitscharen-Kapelle Altenau anstreben, um so die Zukunft zu sichern? Am 9. Februar 2002 schlossen sich beide Vereine zur Musikgemeinschaft "Blasmusikfreunde Harz e. V." zusammen.


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